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Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich aus der Vergütungsvereinbarung gegen meinen Mandanten vorgehen?

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Am vergangenen Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich aus der Vergütungsvereinbarung gegen meinen Mandanten vorgehen?. Nun, hier dann meine Antwort an die Kollegin:

“Hallo Frau Kollegin,

Sie können m.E. aus der VV gegen den Mandanten vorgehen, wenn die VV wirksam ist, was ich nicht beurteilen kann. Ich verweise auf unseren RVG-Kommentar, 5. Aufl., Teil A: Rn 2327.

Die Berufungseinlegung können Sie nicht über die Nr. 4124 VV RVG – so verstehe ich Ihre Frage – gegenüber der Staatskasse abrechnen. Die Berufungseinlegung gehört für Sie als Verteidigerin in der 1. Instanz gem. 3 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 RVG zum Rechtszug, ist also durch die Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG mitabgegolten. Erst nach der Einlegung erbrachte Tätigkeiten führen zur Nr. 4124 VV RVG. Die sind aber wohl nicht erbracht. D.h., Sie müssten die Nr. 4106 VV RVG gegen die Staatskasse geltend machen, was aber nichts bringen wird.

Wenn Sie abrechnen, denken Sie bitte an § 55 Abs 5. Satz 2 RVG.”

 


So erspart man dem Mandanten rund 14.000 EUR, oder: Was schert mich mein Geschwätz von gestern?

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Am “Gebühren-Friday” weise ich heute zunächst auf den sehr schönen LG Aurich, Beschl. v.  03.11.2017 – 15 KLs 1000 Js 36718/07 (2/10). “Sehr schön” in doppelter Hinsicht, und zwar: Zunächst ist die “Hartnäckigkeit des Kollegen Möckel aus Aurich zu loben, der die Entscheidung für seinen Mandanten erstritten und mir übersandt hat. Er hat auch nach einer ersten – falschen – Entscheidung der Kammer nicht “aufgegeben”. Und dann ist auch die Wirtschafttsstrafkammer des LG Aurich zu loben. Die hat der Beschwerde des Kollegen abgeholfen und ihre zuvor getroffene Entscheidung korrigiert.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Mandant des Kollegen ist durch Urteil der Kammer vom 06.10.2011 u.a. dazu verurteilt worden, die Kosten des Strafverfahrens zu tragen. Das Urteil ist am 01.02.2012 rechtskräftig geworden. Unter dem 28.08.2013 hat die Staatsanwaltschaft mit einer Kostenrechnung I einen Betrag von 360 EUR (Gebühr gemäß Ziff. 3112 KV GKG) in Ansatz gebracht. Die Kostenrechnung enthielt den Zusatz: „Die Einziehung weiterer Kosten (Zeugenentschädigung, Zustellungsauslagen, Sachverständigenkosten, TU-Kosten, Pflichtverteidigergebühren, Unterstellkosten) in noch nicht feststehender Höhe bleibt vorbehalten gem. 27 Abs. 6 KostVfg.“ Unter dem 30.01.2017 hat die StA mit der Kostenrechnung Il einen Betrag von zunächst insgesamt weiteren 20.563,27 EUR in Ansatz gebracht. Die Kostenrechnung enthielt den vorgenannten Zusatz und außerdem den Zusatz: „Auf den Kostenvorbehalt aus der Kostenrechnung vom 28.8.2013 wird Bezug genommen. Unter dem 17.02.2017 wurde die Kostenrechnung Il um einen versehentlich zu viel angesetzten Betrag von 5.748,90 EUR berichtigt auf den Betrag von noch zu zahlenden 14.814,37 EUR. Der Verurteilte hat gegen die Kostenrechnung II form- und fristgerecht Erinnerung eingelegt und die Einrede der Verjährung erhoben. Das LG hat zunächst die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Der dagegen dann vom Kollegen erhobenen zulässigen Beschwerde hat es dann jedoch abgeholfen und den Kostenansatz aufgehoben. Begründung:

Die Kammer ist in dem angefochtenen Beschluss rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die von der Staatsanwaltschaft mit der Kostenrechnung IIl in Ansatz gebrachten Auslagenerstattungsansprüche der Staatskasse noch nicht verjährt waren.

Gemäß § 5 Abs. 1 GKG verjähren die Ansprüche der Staatskasse auf Zahlung von Kosten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet worden ist. Dies war vorliegend mit Ablauf des 31.12.2016 der Fall.

Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung hat nicht stattgefunden. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Bezirksrevisors stellt der in der Kostenrechnung I vom 28.08.2013 enthaltene Zusatz auch keine Stundung der später in Ansatz gebrachten Auslagen dar, welche einen Neubeginn der Verjährungsfrist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GKG bewirkt hätte.

Insoweit ist anerkannt, dass nicht nur die ausdrückliche Mitteilung, sondern auch die stillschweigende eindeutige Gewährung einer Stundung die Verjährung der Kostenforderung neu beginnen lässt (Hartmann, KostG, § 5 GKG, Rn. 10). Eine solche stillschweigende Stundung wurde in der Rechtsprechung angenommen im Fall einer (ausdrücklich erklärten) Stundung einer Geldstrafe, die im Hinblick auf die Regelung des § 459b StPO zugleich eine (konkludente) Stundung der – konkret bezifferten – Kostenforderung enthält (LG Lübeck JurBüro 2003, 372). Ebenso wurde eine Stundung der Kostenforderung in einem in der Kostenrechnung enthaltenen Zusatz „Die Anforderung weiterer anteiliger Auslagen in Höhe von 31.971,86 DM bleibt vorbehalten.” gesehen (OLG Koblenz, NStZ-RR 2005, 254). In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Kostenansatz Auslagen, für die mehrere Verurteilte gemäß § 466 StPO als Gesamtschuldner hafteten, zunächst anteilig nach Kopfteilen angesetzt und im Hinblick auf die auf die übrigen Mitverurteilten entfallenen Kopfteile den vorstehend wiedergegebenen Zusatz aufgenommen.

Eine nach diesen Grundsätzen anzunehmenden Stundung der Kostenforderung ist vorliegend nicht gegeben. Diesbezüglich ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Stundung um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner handelt. Diese kommt zumeist durch Parteivereinbarung zustande, kann aber auch durch Gesetz, Richterspruch oder durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt angeordnet werden (BGHZ 197, 21, Rn. 18). Eine ohne vorherigen Antrag seitens der Staatsanwaltschaft einseitig bewilligte Stundung von Verfahrenskosten ist angesichts dessen zwar grundsätzlich möglich, setzt jedoch nach Auffassung der Kammer eine hinreichende Konkretisierung der zu stundenden Forderung voraus. Entsprechend sind die vorstehend zitierten Entscheidungen auch jeweils in Verfahren ergangen, in denen die Kostenforderung der Staatskasse bereits konkret beziffert war und lediglich von der (vollständigen) Einforderung einstweilen abgesehen worden ist.

Insoweit mag auch ein Kostenvorbehalt nach § 24 Abs. 5 KostVfg (= § 27 Abs. 6 a.F.) Stundungswirkung entfalten. Nach dieser Vorschrift ist, wenn sich aus den Akten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass noch weitere Kosten geltend gemacht werden können, die vom Kostenschuldner als Auslagen zu erheben sind (z.B. Vergütungen von Pflichtverteidigern, Verfahrensbeiständen oder Sachverständigen), ein eindeutiger Vorbehalt über die Möglichkeit einer Inanspruchnahme für die weiteren, nach Art oder voraussichtlicher Höhe zu bezeichnenden Kosten in die Kostenrechnung aufzunehmen. Einen solchen eindeutigen Vorbehalt stellt der in der Kostenrechnung vom 28.08.2013 enthaltene formelhafte Zusatz, der zudem wortgleich in der Kostenrechnung vom 30.01.2017 wiederum enthalten ist, jedoch nicht dar.”

Auch die Staatsanwaltschaft war übrigens (zutreffend) davon ausgegangen, dass die Kostenforderung der Staatskasse mit Ablauf des 31.12.2016 verjährt war.

Also einmal im positiven Sinn: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Dem Mandaten/Verurteilten hat der Schwenk gut 14.000 EUR gebracht.

Ich kenne die Konstellation übrigens. Auch eine Verjährungsproblematik, und zwar bei der Pauschvergütung nach § 99 BRAGO a.F. Da hatte der 2. Strafsenat des OLG Hammn, dem ich damals angehörte, im OLG Hamm, Beschl. v. 18.03.1996 – 2 (s) Sbd 4 – 52/96 gesagt: Verjährt. Dagegen dann die Gegenvorstellung des Pflichtverteidigers. Und der Senat hat dann im OLG Hamm, Beschl. v. 28.06.1996 – 2 (s) Sbd 4 – 52/96 gesagt: Nicht verjährt. Anmerkung “meines” damaligen – von mir sehr geschätzten VorRiOLG Hugemann: Wer kann schon Verjährung. Und wir sind ein Strafsenat und kein Zivilsenat.

Vergütungsvereinbarung: U.a. “Zeittaktklausel” und “Reisezeitklausel” unwirksam

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Als zweite gebührenrechtliche Entscheidung bringe ich dann das LG Köln, Urt. v. 24.01.2018 – 26 O 453/16. Es geht in dem umfangreichen Urteil – immerhin 29 Seiten – um die Wirksamkeit von AGB einer Rechtsanwaltskanzlei. Ich greife aus der Entscheidung, in der es um eine ganz Reihe von Klauseln geht, mal zwei Punkte heraus, und zwar einmal die “Zeittaktklausel”, die lautete

“Für die unter Nr. 1 genannten Tätigkeiten (= außergerichtliche und gerichtliche) der Auftragnehmer wird vereinbart, dass anstelle der gesetzlichen Gebühren eine Vergütung i.H.v. 190,00 Euro je Stunde durch den Auftraggeber an die Auftragnehmer zu zahlen ist. Hinzu kommt jeweils die gesetzliche MwSt.

Abgerechnet wird in Viertelstundenschritten, ein Viertel des vereinbarten Stundensatzes wird für jede angefangene 15 Minuten berechnet, wobei der Zeitaufwand minutengenau erfasst wird.“

und dann eine “Reisezeitklausel”, die lautete u.a.:

“Reisezeiten werden zur Hälfte als Arbeitszeiten abgerechnet. …”

Beide Klauseln – neben anderen – gefallen dem LG nicht, und zwar:

Zur Zeittaktklausel:

“Die Klausel ist in Absatz 2 wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB sowohl gegenüber Verbrauchern als auch Unternehmern unwirksam. Denn die Klausel verletzt das Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung (grundlegend OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.02.2010, 24 U 183/05). Die Parteien haben vorliegend eine Preisabrede von 190,00 € pro Stunde getroffen, welche an sich keiner Inhaltskontrolle unterliegt (§ 307 Abs. 3 BGB), so dass bezüglich der in Absatz 1 getroffenen, von der Klägerin insoweit auch nicht angegriffenen Regelung kein Unterlassungsanspruch besteht. Bei Anwendung der vorgenannten, als Preisnebenabrede anzusehenden und damit auch kontrollfähigen Klausel gemäß Absatz 2 kann es aber entgegen der vereinbarten Preisberechnung pro Stunde dazu kommen, dass auch im Falle einer Tätigkeit von 4 x 1 Minute – sofern diese Tätigkeiten jeweils außerhalb eines 15-Minuten-lntervalles liegen – der komplette Stundensatz fällig wird. Einschränkungen betreffend die Abrechnung sind nicht vorhanden, so dass bei jeder anwaltlichen Tätigkeit, auch wenn diese nur einige Sekunden andauert, für den Mandanten Kosten von je 47,50 € anfallen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die typische Bearbeitung eines Mandates durch einen Rechtsanwalt bei einer derartigen 15-Minuten-lntervall-Abrechnung zu einer erheblichen Mandantenbenachteiligung führt. Regelmäßig erfordert die anwaltliche Tätigkeit neben aufwändiger rechtlicher Prüfung, und zeitintensiver Wahrnehmung von Gerichtsterminen oder Mandantenbesprechungen auch kurze Telefonate, die Anfertigung von Notizen oder Vermerken u.s.w., so dass in einer Vielzahl von Fällen die Vergütung der Beklagten, gerechnet auf die Minute, deutlich über dem Stundensatz von 190,00 € liegt. Im Hinblick auf die Möglichkeiten moderner Zeiterfassung ist eine genauere Zeittaktung auch zumutbar und möglich. Für die Beklagte ergibt sich zudem der Anreiz, Tätigkeiten über den Tag zu verteilen, anstatt diese innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes zu erbringen. Angesichts der Höhe des Stundensatzes sowie des Umstandes, dass viele Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes nur eine kurze Zeit in Anspruch nehmen, wäre für eine Zulässigkeit einer 15-Minuten-Taktung erforderlich, dass derartige Tätigkeiten (wie ein 30-sekündiger-Anruf oder das Anfertigen eines kurzen Vermerkes binnen 1 oder 2 Minuten) nicht gesondert mit 47,50 € berechnet werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch nicht erheblich, in wie vielen Fällen, gemessen an der Gesamtabrechnung, die Beklagte von der Zeittaktklausel tatsächlich Gebrauch macht. Die Klausel ermöglicht zum einen eine wissentliche Aufblähung des Zeitaufwandes. Zum anderen führt sie entgegen dem Anschein, der Mandant zahle 190,00 € pro Stunde…..”

Und zur “Reisezeitklausel”:

“Es ist dagegen im Hinblick darauf, dass Reisezeiten zur Hälfte als Arbeitszeiten vergütet werden sollen, unter Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht hinreichend klar, ob die Reisezeiten nach Nr. 2 oder Nr. 3 der Mandatsbedingungen zu vergüten sind. Die Höhe der anfallenden Kosten ist daher vollkommen unüberschaubar. Anhaltspunkte dafür, dass eine übersichtlichere, eindeutigere Regelung nicht möglich ist, hat die Kammer nicht. Der 2. Absatz der Klausel ist gegenüber Verbrauchern sowie Unternehmern wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Die Regelung sieht entgegen § 664 Abs. 1 S. 1, 2 BGB keine Gestattung durch den Mandanten vor, einem Dritten das Mandat zu übertragen. Dies gilt auch in Bezug auf die „Hinzuziehung fachkundiger Dritter“, zumal insofern nach dem Wortlaut keine bloßen Hilfstätigkeiten (wie Schreibtätigkeiten) gemeint sind. Im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis zwischen der Beklagten und dem Mandanten ist vor der „Heranziehung“ von anderen Rechtsanwälten oder fachkundigen Dritten, eine Gestattung durch den Mandanten erforderlich. Zu berücksichtigen ist, dass ein Mandatsverhältnis in besonderem Maße von dem Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant geprägt ist. Je nach Art und Umfang des Mandates variiert naturgemäß das Interesse des Mandanten an der Vertraulichkeit. Da die Regelung ersichtlich darauf gerichtet ist, dass Personen außerhalb der Beklagten in das Mandat einbezogen werden, ist im Hinblick auf die vorgenannten Umstände die vorherige Zustimmung des Mandanten erforderlich. Alleine der Umstand, dass – sofern erforderlich Verschwiegenheitserklärungen eingeholt werden, ändert daran nichts, weil der Mandant gleichwohl ein Interesse daran haben kann, persönliche Belange nicht weiteren Personen zur Kenntnis zu geben. Eine abstrakte, allgemeine Zustimmung zu jedweder zukünftigen Einbeziehung Dritter ist insofern unvereinbar mit den gesetzlichen Regelungen zum Auftragsverhältnis.

Die Klausel ist auch überraschend i.S.v. § 305c BGB, insbesondere im Hinblick darauf, dass eine Übertragung des Mandates auf andere Rechtsanwälte ermöglicht wird. Während der Mandant ggf. noch mit der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Privatgutachters rechnen kann, ist regelmäßig nicht ersichtlich, wieso der die Beklagte beauftragende Mandant damit rechnen muss, dass in der Folge ein anderer Rechtsanwalt (ggf. aus einer anderen Kanzlei) das Mandat bearbeiten soll. Zudem ist es intransparent und überraschend, wenn die der Beklagten zukommende Berechtigung zur Heranziehung Dritter unter der Überschrift „5. Auslagen“ aufgeführt und mithin „versteckt“ wird.”

Das Urteil wird sicherlich nicht rechtskräftig 🙂 .

Ich habe da mal eine Frage: Herausgabe eines beschlagnahmten Geldbetrages nach Einstellung

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So, und dann noch das Gebührenrätsel. Heute mal wieder die Nr. 4142 VV RVG, und zwar mit folgender Fragestellung:

“Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,


erlauben Sie eine gebührenrechtliche Fragestellung. Der Sachverhalt in möglichster Kürze berichtet ist folgender: Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt im Ermittlungsverfahren gegen den Mandanten eine Kassette mit einem beachtlichen Geldbetrag, von dem sie sich einbildet, dass er aus einer Steuerstraftat stammt. Es kommt deswegen zu einer Anklage wegen Geldwäsche (Juni 2017), in der zu Einziehung usw. nichts steht. Im Hauptverhandlungstermin wird das Verfahren nach § 153a StPO vorläufig und nach Erfüllung einer Geldauflage im Oktober 2017 endgültig einstellt. Die Kosten fallen der Staatskasse zur Last, notwendige Auslagen trägt der Mandant selbst. Wiederum kein Wort zu dem sichergestellten Betrag.

Nach der endgültigen Einstellung beantrage ich für den Mandanten bei der StA die Herausgabe des Geldbetrages. Die StA lehnt mit nicht überzeugender Begründung ab. Nach Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 411o II, 162 StPO) ordnet das Amtsgericht die Herausgabe an, ohne eine Kostenentscheidung zu treffen.

Für mich bedeutet dies, dass ich gern eine sofortige Beschwerde nach § 464 III StPO gegen das Unterlassen der Kostenentscheidung erheben und zugleich beantragen möchte, dass die Kosten der Staatskasse auferlegt werden.


Für diese Beschwerde wäre aber interessant, ob die Herausgabe eine “neue” Angelegenheit ist, in welchem Falle ich keine größeren weiteren Probleme sehe, oder ob das Herausgabeverfahren trotz der endgültigen Einstellung noch zum “alten” Verfahren gehört, was ich befürchte. Könnte dann das Beschwerdegericht die ursprüngliche Entscheidung, dass der Mandant seine notwendigen Auslagen selbst trägt, überhaupt noch abändern? Abrechnen könnte ich dann gegenüber der Staatskasse ohnehin nur nach der Differenztheorie – aber da der Antrag auf Herausgabe bzw. die gerichtliche Entscheidung die einzige Tätgikeit im Sinne von VV-RVG Nr. 4142 war, denke ich, dass die Gebühr ggf. im vollen Umfang von der Staatskasse zu übernehmen wäre.


Zur Klarstellung: Ich bin im gesamten Verfahren als Wahlverteidiger tätig gewesen.”

Das War ja schon mal was. Ich habe aber dennoch eine Nachfrage gehabt:

„Beschlagnahmt“- warum und wieso? Als Beweismittel oder im Hinblick auf Einziehung?

Und zum Rechtsmittel: Ich verweise auf: OLG Nürnberg, Beschl. v. 02.09.2016 – 1 Ws 299/16 – steht auf meiner HP.”

Und der Kollege hat wie folgt geantwortet:

“….Zu Ihrer Rückfrage: Die Beschlagnahme wurde am 8. Dezember 2015 nach damaligem Recht durch das Zollfahndungsamt sowohl im Hinblick auf Beweismittel nach §§ 94, 98 StPO als auch als Einziehungs- und Verfallsgegenstand nach § 111c StPO a.F. angeordnet.

Vor der endgültigen Einstellung des Verfahrens nach § 153a II StPO wurde die Entscheidung nicht angegriffen.”

So, das war es dann jetzt aber auch.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Herausgabe eines beschlagnahmten Geldbetrages nach Einstellung

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Mit der Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Herausgabe eines beschlagnahmten Geldbetrages nach Einstellung, war nach der Nr. 4142 VV RVG gefragt – mal wieder 🙂 . Geantwortet habe ich dem Kollegen dann wie folgt:

“Hallo, danke für die Info.

Ich wollte mit meiner Rückfrage sicher gehen, ob die Nr. 4142 VV RVG überhaupt entstanden sein kann. Das ist der Fall., vgl. RVG-Kommentar Nr. 4142 Rn. 7.

M.E. handelt es sich – tut mir leid – nicht um eine neue Angelegenheit. In Betracht käme eh nur eine Einzeltätigkeit. Ich würde die Tätigkeiten unter „Abwicklungstätigkeiten“ packen. Aber da kommt es nicht darauf an, da es ja u die Nr. 4142 VV RVG geht und die erfasst als zusätzliche Gebühr alle im Hinblick auf den beschlagnahmten Geldbetrag erbrachten Tätigkeiten. Und auch da liegen Sie richtig. Die erstattet zu bekommen, wird schwierig werden. Denn die Gebühr ist eine Verfahrensgebühr, die mit der ersten Tätigkeit entsteht. Und da s sich um eine Wertgebühr handelt, kann sie sich durch nachfolgende weitere Tätigkeiten nicht mehr erhöhen. Und entstanden ist die Gebühr ja nicht erst durch den Herausgabeantrag, sondern schon vorher. Denn Sie werden mit dem Mandaten ja über das beschlagnahmte Geld und die drohende Einziehung gesprochen haben. Man wird Ihnen kaum glauben, dass Sie das nicht getan haben und die erste Tätigkeit erst in Zusammenhang mit der Herausgabe entfaltete haben.

Lassen Sie mich wissen, wie es ausgeht, denn geltend machen würde ich die Gebühr. Man weiß ja nie.

Und ins Rätsel kommen Sie 🙂 .”

Das alles und noch viel mehr steht bei Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017.

Pauschgebühr im Überprüfungsverfahren, oder Welche Tätigkeiten werden berücksichtigt?

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Heute ist “Gebührentag”. Aber, was macht man, wenn man nicht genügend gebührenrechtliche Entscheidungen hat? Nun, zunächst mal ein Aufruf an die Kollegen/Kolleginnen usw.: Bitte schickt Entscheidungen zu Gebührenfragen. Ich stelle sie dann gern ein. Für heute reichte es allerdings noch, so dass ich berichten kann über den OLG Rostock, Beschl. v. 09.02.2018 – 20 AR 1/18.

Es geht um die Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 51 RVG für Tätigkeiten des Rechtsanwalts/Pflichtverteidger im sog. Überprüfungsverfahren nach § 57a Abs. 1 StGB.  11 StVK 516/17 LG Rostock – eine Pauschgebühr. Das OLG hat abgelehnt und dabei zum Umfang der zu berücksichtigen Tätigkeiten Stellung genommen:

“Der Rechtsanwalt wurde auf seinen Antrag vom 14.06.2017 dem Verurteilten für das aktuelle Überprüfungsverfahren nach § 57a Abs. 1 StGB mit Verfügung des Vorsitzenden der 1. Großen Strafvollstreckungskammer des LG Rostock vom 16.06.2017 (erneut) zum Pflichtverteidiger bestellt. Sowohl die Haftanstalt wie auch die Staatsanwaltschaft und der eingeschaltete Sachverständige haben sich nachfolgend für eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der gegen den Verurteilten verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesprochen. Die mündliche Anhörung durch die Strafvollstreckungskammer am 17.11.2017 war dementsprechend kurz. Auf die Teilnahme des Sachverständigen war bereits im Vorfeld allseitig verzichtet worden. Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 21.11.2017 die weitere Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Rechtsmittel dagegen sind von keiner Seite eingelegt worden.

Sowohl der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer wie auch die Vertreterin der Staatskasse haben sich angesichts dessen gegen die Zuerkennung einer Pauschvergütung ausgesprochen. Die Sache sei weder besonders umfangreich noch besonders schwierig gewesen, weshalb die Regelvergütung nicht unzumutbar sei.

Dem ist der Rechtsanwalt mit Schreiben vom 08.02.2018 entgegengetreten. Er konzediert darin, dass die Sache zwar nicht besonders schwierig gewesen sei, jedoch sei der Umfang überdurchschnittlich gewesen. Der Antragsteller führt dazu aus, er sei auch nach dem vorausgegangenen Überprüfungsverfahren, das am 1 1.05.2011 durch Antragsrücknahme beendet wurde, bis zu seiner neuerlichen Beiordnung im aktuellen Prüfungsabschnitt ununterbrochen als Wahlverteidiger für den Verurteilten tätig geblieben. Er habe mit diesem zwischen Mitte 2012 und Ende 2016 nicht nur fortlaufend Briefkontakt gehabt, sondern auch fernmündlich und mindestens halbjährlich auch durch persönliche Besuche in der Haftanstalt, insgesamt neun Mal. Die Pflichtverteidigervergütung von lediglich 359 € reiche nicht aus, um seine im vorgenannten Zeitraum entfaltete Verteidigertätigkeit angemesssen abzugelten.

Dem folgt der Senat nicht.

Der Rechtsanwalt verkennt, dass nur die durch seine erneute Beiordnung vom 14.06.2017 für das aktuelle Überprüfungsverfahren entfaltete Tätigkeit Gegenstand der Prüfung und Beurteilung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG sein kann. Soweit er im vorausgegangenen Überprüfungsverfahren ebenfalls Pflichtverteidiger des Verurteilten gewesen ist, war diese Tätigkeit durch die Antragsrücknahme vom 11.05.2011 beendet. Der Rechtsanwalt hat hierüber unter dem 13.07.2012 gegenüber der Staatskasse abgerechnet. Seine aus der Landeskasse zu zahlende Regelvergütung ist mit Kostenverfügung vom 07.08.2012 festgesetzt worden. Eine darüber hinausgehende Forderung aus jenem Mandat wäre mittlerweile verjährt (§ 196 BGB), weshalb auch die nachträgliche Bewilligung einer Pauschvergütung für die damalige Tätigkeit ausgeschlossen ist (vgl. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 51 Rdz. 52).

Zutreffend bemerkt der Rechtsanwalt, dass er nachfolgend bis zu seiner erneuten Beiordnung am 16.06.2017 lediglich als Wahlverteidiger für den Verurteilten tätig geworden ist. Alle in diesem Zeitraum entfalteten Tätigkeiten haben deshalb bei der Prüfung und Entscheidung, ob dafür eine Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG zu bewilligen ist, außer Betracht zu bleiben. Alleinige Grundlage der Betrachtung können nur die Aktivitäten des Verteidigers im Zuge des letzten Überprüfungsverfahrens aus dem Jahr 2017 sein. Die waren – wie er selbst einräumt – nicht besonders schwierig, zumal er mit dem Verfahren, dem Verurteilten und der rechtlichen Problematik nach eigenen Angaben langjährig und umfassend vertraut war. Die Sache war in diesem allein entscheidenden Abschnitt – und nur darauf bezog sich seine erneute Beiordnung – auch nicht mehr besonders umfangreich, weil alle Beteiligten sich über das Ergebnis bereits vor der Anhörung vom 17.11.2017 einig waren und die Strafvollstreckungskammer – ohne dass es dazu weiterer Ausführungen des Verteidigers bedurft hätte, die auch nicht mehr erfolgt sind – antragsgemäß entschieden hat.”

Der Beschluss ist betreffend das neue/zweite Überprüfungsverfahren m.E. zutreffend. Eine ganz andere Frage ist, ob die vom Antragsteller geltend gemachten Tätigkeiten “nach” dem ersten Überprüfungsverfahren unter den den Tisch fallen. M.E. nein. Das sind aber Tätigkeiten, wovon auch das OLG ausgeht, die im Rahmen der ersten Beiordnung abgerechnet werden müssten. Ob die verjährt sind, kann man diskutieren, das ist/wäre aber eine Frage des Einzelfalls. Es kommt letztlich darauf an, ob das Verfahren schon beendet war.

Aktenversendungspauschale: Nicht bei Scans ohne Scanvermerk

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Und als zweite Entscheidung dann der AG Gelnhausen, Beschl. v. 05.03.2018 – 44 OWi 57/17. Nichts Dolles, sondern nur noch einmal die Frage der Aktenversendungspauschale” bei der elektronischen Akte (im Bußgeldverfahren). Deren Ansatz ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig – so das AG in Übereinstimmung mit einer ganzen Reihe anderer AG:

“Der Antrag des Verteidigers des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung als Rechtsbehelf gegen den Ansatz der erhobenen Auslagen ist zulässig und begründet.

Gemäß § 107 Abs. 5 S. 1 OWiG kann von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführter Sendung einschließlich der Rücksendung pauschal 12,00 Euro als Auslage erhoben werden.

Grundsätzlich hat bei der durch einen Rechtsanwalt beantragten Aktenübersendung die Übersendung der Originalakte zu erfolgen. Dies gilt jedoch nicht, wenn zulässigerweise eine elektronische Akte im Sinne von § 110 b OWiG a.F. geführt wird. In einem solchen Fall kann anstelle der — physisch nicht vorliegenden — Akte gemäß § 110 d Abs. 2 §. 1 OWiG a.F. Akteneinsicht durch Ubermittlung von elektronischen Dokumenten oder — wie hier — durch Erteilung von Aktenausdrucken erfolgen.

Die Aktenversendungspauschale kann nur dann verlangt werden, wenn die Akteneinsicht vollständig erfolgt ist (vgl. AG Soest, Beschluss vom 14.09.2016 Aktenzeichen 21 OWi 295/16).

Die Gewährung von Akteneinsicht durch Erteilung eines Aktenausdrucks setzt jedoch voraus, dass der Aktenausdruck den Anforderungen der § 110b Abs. 2 OWiG (in der Fassung aus dem Geltungszeitraum März 2017) genügt. Der hier vorliegende Aktenauszug enthält zum Teil Scans, an denen kein Scanvermerk angebracht ist.

Demnach kann auch für die Versendung eines Aktenauszugs eine Aktenversendungspauschale nicht beansprucht werden, da auch nur bei vollständiger Akteneinsicht das Begehren auf Akteneinsicht vollständig gewährt worden ist (vgl. AG Soest, Beschluss vom 14.09.2016 – Aktenzeichen 21 OWi 295/16 mit weiteren Nachweisen).”

Wie war das noch mit dem “Kleinvieh” 🙂 .

Ich habe da mal eine Frage: Dauerbrenner Erstreckung- geht das auch beim “Dreier”?

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Auch bei den Gebührenfragen sieht es recht mau ist. Ich greife daher mal zurück auf eine Frage, die bereits an anderer Stelle diskutiert und gelöst wurde. Thematik ist der Dauerbrenner “Erstreckung” und das bei einem “Dreier”:

“Im Verfahren A bin ich Wahlverteidigerin. Gleiches in Verfahren B. Verfahren A wird nach jeweiliger Anklageerhebung zu Verfahren B hinzuverbunden. Dann wird Verfahren B wegen unbekannten Aufenthalts gem. § 205 StPO eingestellt.

Geraume Zeit später werde ich nach Inhaftierung des Mandanten in Verfahren C beigeordnet. Nach Anklageerhebung in Verfahren C rege ich an, das Verfahren B (nebst dort hinzuverbundenem Verfahren A) zu übernehmen. So geschieht es. Verfahren B wird also zu Verfahren C verbunden. Es wird angeordnet, dass sich meine Beiordnung auch “auf die hinzuverbundenen Verfahren” erstreckt.

Kann ich jetzt, obwohl schon vor der aktuellen Verbindung miteinander verbunden, nicht nur Verfahren B und C, sondern auch Verfahren A und B gebührenmäßig auseinanderdröseln und in allen drei Verfahren die jeweils entstandenen Gebühren festsetzen lassen? Oder kann ich das nur für Verfahren B und C machen? Ich habe einen Knoten im Kopf ……………..”

Also, wie sieht es aus.

Und: Bitte Frage schicken 🙂 .


Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Dauerbrenner Erstreckung- geht das auch beim “Dreier”?

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Die Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Dauerbrenner Erstreckung- geht das auch beim “Dreier”? war dann im Ergebnis m.E. recht einfach zu beantworten, nämlich:

Also: Es kann in allen drei Verfahren abrechnet werden. Ich gehe davon aus, dass Sie in A, B und C vor Anklageerhebung tätig gewesen sind. Dann:

A: 4100, 4104, 4106
B: 4100, 4104, 4106
C: 4101, 4105, 4107 und ggf. TG

Also wie der Kollege ppp. Ich würde zur Sicherheit in B noch einen Erstreckungsantrag stellen. M.E. nicht erforderlich, aber man weiß nie.”

Mal sehen, was festgesetzt wird. Die Kollegin wird sicherlich berichten.

Einziehung/Verfall, oder: Wertgebühr über 80.000 EUR Gegenstandswert oder Rahmengebühr?

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So, es ist Gebührenfreitag und damit stehen gebührenrechtliche Entscheidungen an. Zum Glück habe ich zwei – gerade gestern “rein gekommen”. Fangen wir mit dem OLG Köln, Beschl. v. 28.02.2018 – 2 Ws 73/18 –  an. Es geht um eine Frage in Zusammenhnag mit der Einziehung (§§ 73 ff. StGB).Und zwar wird der Angeklagte durch ein landgerichtliches Urteil wegen Verstößen gegen das BtMG verurteilt. Ferner wird gegen ihn der Wertersatzverfall – es gehet noch um “altes Recht” – in Höhe von 80.000 Euro angeordnet. Nachdem das Urteil zunächst rechtskräftig geworden war, hebt der BGH auf die Revision eines Mitangeklagten des Angeklagten das Urteil teilweise auf; die Teilaufhebung erstreckte sich auch auf die gegen den Angeklagten ausgesprochene Verurteilung. Nicht betroffen von der Teilaufhebung waren jedoch vier gegen den Angeklagten verhängte Einzelstrafen sowie die gegen ihn getroffene Wertersatzverfallsanordnung.

Die nach Teilaufhebung und Zurückverweisung der Sache durch den BGH befasste Strafkammer des LG Aachen stellt das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 206a StPO wegen eines Verfahrenshindernisses ein. Der Verteidiger des Angeklagten beantragt dann die Einstellung der Vollstreckung aus der Verfallsanordnung und eine entsprechende Mitteilung an die niederländischen Behörden, die u.a. die Vollstreckung des Wertersatzverfalls zwischenzeitlich übernommen hatten. Die StA Aachen weist das Begehren mit der Begründung zurück, die Verfallsanordnung sei als rechtskräftige Nebenentscheidung von dem Einstellungsbeschluss des LG Aachen nicht erfasst. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der keinen Erfolg hat. Die sofortige Beschwerde hat dann beim OLG Erfolg. Das OLG hat der Staatskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.

Der Verteidiger macht dann eine Gebühr Nr. 4142 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 80.000 EUR geltend. Die wird nicht gewährt. Dagegen dann die Beschwerde, die keinen Erfolg hat:

“Die Einziehungsgebühr (Nr. 4142 VV RVG) ist für die mit Antragsschrift vom 11.01.2017 eingeleitete Tätigkeit des Verteidigers des Beschwerdeführers, mit dem die Einstellung der Vollstreckung aus der Verfallanordnung sowie eine entsprechende Unterrichtung der niederländischen Behörden begehrt worden ist, nicht angefallen. Nach der Anmerkung im Abs. 3 zu VV 4142 VV RVG entsteht die Einziehungsgebühr für das Verfahren des ersten Rechtszuges einschließlich des vorbereitenden Verfahrens und für jeden weiteren Rechtszug jeweils gesondert (vgl. NK-GK/Stollenwerk, 2. Aufl.,VV RVG Nr. 4141-4147, Rn. 29). Die anwaltliche Tätigkeit ist vorliegend jedoch erst nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens und damit nicht in einem „weiteren Rechtszug“ im Sinne von Nr. 4142 Abs. 3 VV RVG entfaltet worden. Die nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorgenommenen Bemühungen stellen Tätigkeiten im Rahmen der Strafvollstreckung dar und könnten damit nach Teil 4 Abschnitt 2 (Gebühren in der Strafvollstreckung) zu vergüten sein. Ob vorliegend eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4204 VV RVG zzgl. Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer angefallen ist, hatte der Senat im Hinblick auf den zu Grunde liegenden Festsetzungsantrag jedoch nicht zu prüfen, wobei sich der aus der Senatsentscheidung vom 27.10.2017 ergebende Kostenerstattungsanspruch ohnehin nur auf die im Beschwerdeverfahren 2 Ws 283/17 angefallenen Kosten bzw. Auslagen bezieht.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen lässt sich den Bestimmungen des RVG nicht entnehmen, dass die nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens vorgenommene Tätigkeit des Verteidigers im Zusammenhang mit der Vollstreckung des Wertersatzverfalls eine Einziehungsgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG auslösen würde. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen daraus, dass im Rahmen der Strafvollstreckung ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt wurde, der Beschwerdeführer mit dem von ihm eingelegten Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde erfolgreich war und ihm insofern die Erstattung der im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zugesprochen wurde. Auch insofern ist nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens kein weiterer Rechtszug im Sinne der Ausführungen in Abs. 3 der Nr. 4142 VV RVG eröffnet worden und damit keine Einziehungsgebühr im Sinne der vorstehenden Bestimmung angefallen.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen im Verteidigerschriftsatz vom 05.02.2018, wonach durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betreffend der Urteilsaufhebung und Zurückverweisung ein neuer Rechtszug im Sinne des § 21 RVG eröffnet worden sei und die Gebühren der unteren Instanz somit neu entstehen würden. Denn die für den Anfall der Gebühr gemäß 4142 VV RVG maßgebliche Frage eines Wertersatzverfalls war nicht Gegenstand der Teilaufhebung durch den Bundesgerichtshof und damit auch nicht des nach Zurückverweisung durchgeführten weiteren Verfahrens vor dem Landgericht Aachen.”

M.E. richtig. Denn: Die erbrachten Tätigkeiten sind nicht mehr im Erkenntnisverfahren erbracht. Also findet Teil 4 Abschnitt 1 Vv RVG und die Nr. 4142 VV RVG keine Anwendung. Es handelt sich vielmehr um eine sonstige Tätigkeit im Rahmen der Strafvollstreckung, also nach Nr. 4204 VV RVG. Wird den Verteidiger nicht freuen, denn die Gebühr Nr. 4142 VV RVG ist als Wertgebühr natürlich interessanter 🙂 .

Unverständlich ist für mich, dass das OLg die entstandenen Gebühren nicht festsetzt, sondern nur sagt: Könnte entstanden sein, was aber nach dem Antrag nicht festzusetzen. Leuchtet nicht ein, wobei mir die Rechtsprechung zum “Austausch von Positionen” im Kostenfestsettzungsverfahren bekannt ist. Aber, was soll das. Jetzt geht das Ganze wieder von vorn los. Eine praktische – verfahrensbeendende – Lösung ist das nicht.

Verfahrensgebühr für die Berufung, oder: Wenig Mühe gemacht……

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Und als zweite Entscheidung dann der (unerfreuliche) AG Köthen, Beschl. v. 12.03.2018 – 5 Ds 393 Js 803/17 (33/17). Zu dem teilt mir der Kollege Gregor aus Aken, der ihn mir geschickt hat, mit:

“Zur Vorgeschichte: Ich hatte gegen ein Urteil Berufung eingelegt, durch dass mein Mdt. zu 4 Monaten FS ohne Bewährung verurteilt wurde. Dadurch drohte auch der Widerruf zweier Bewährungen (1 Jahr FS und 4 Monate FS). Zur Vorbereitung des Berufungstermins gab es mit dem Mandanten und v. a. dessen Betreuer mehrere Gespräche, um die Zeit zu nutzen. Das war erfolgreich, denn ich hatte die Berufung auf das Strafmaß – sprich Bewährung – beschränkt, die dann auch “gewährt” wurde. Kosten und notwendige Auslagen zu Lasten der Staatskasse.

Dann habe ich bei der Verfahrensgebühr die Mittelgebühr beantragt, die mir die Bezirkksrevisorin auf 200,00 € gekürzt hat. Begründung: deutlich unterdurchschnittliche Angelegenheit. Vielleicht sehe ich es ja auch verkehrt, aber ich habe dann zum einen meinen Arbeitsaufwand dargestellt, der vor allem in wiederholten Beratungen lag. Außerdem habe ich ausgeführt, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung für einen Menschen micht deutlich unterdurchschnittliche Bedeutung hat, sondern wohl überdurchschnittlich. Denn mehr als seine Freiheit kann ihm der Staat nicht nehmen. Außerdem hängen da ja noch andere Folgen dran wie Verlust Arbeitsplatz, Wohnung etc.”

In dem Beschluss – eher ein Beschlüsschen :-), da man von den Argumenten des Kollegen dort nichts wiederfindet, heißt es kurtz und knapp:

“Die geltend gemachte Gebühr W 4124 RVG ist lediglich in Höhe von 200,00 € als erstattungsfähig anzusehen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit jm Rechtssinne ist vorliegend nicht mit einer üblichen Berufung gleichzusetzen. Die vom Verteidiger vorgetragene Begründung, wonach ein höherer Gebührenbetrag gerechtfertigt sei, mag nicht überzeugen. Die Bezirksrevisorin weist nach Auffassung des Gerichtes zu Recht darauf hin, dass es sich bei den vom Verteidiger in seiner Stellungnahme aufgeführten Tätigkeiten vorwiegend um Gespräche mit dem Betreuer handelt. Diese begründen jedoch keine durchschnittliche Tätigkeit im gebührenrechtlichen Sinn.”

Der Kollege wird ins Rechtsmittel gehen. m.E. zu Recht. Denn die Kriterien des § 14 RVG sind nicht ausreichend beachtet. Abgestellt wird lediglich auf die Schwierigkeit und auf mehr nicht….. Was schreibt man da nicht. Fast hätte ich geschrieben: Typisch Rechtspfleger, aber das wäre sicherlich nicht angemessen, da es auch andere – besser begründete – Entscheidungen gibt….. Vielleicht passt: wenig Mühe gemacht besser?

Ich habe da mal eine Frage: Kann ich die ersparten Fahrtkosten gegen Grund-/Verfahrensgebühr gegenrechnen?

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Und dann haben wir vor dem Wochenende noch das Gebührenrätsel mit einer Frage, die schon etwas länger in meinem Ordner schlummert:

Hallo Herr Burhoff. Es ist Freitag und es stellt sich mir die Frage, warum immer nur die anderen die Gebühren Fragen beantworten sollen.

Ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen, deren Beantwortung ich bislang vergeblich gesucht habe.

Es geht um Folgendes:

Ich verteidige als Pflichtverteidiger in einem Verfahren. Ich bin erst nachträglich beigeordnet worden hierfür ist ein anderer Kollege entpflichtet worden. In dem Beschluss heißt es: “Rechtsanwalt PP. wird als Pflichtverteidiger bestellt (…) und keine Mehrkosten entstehen.”

Es geht mir um die Passage mit den Mehrkosten. Ich denke, dass das Gericht meint, dass ich weder die Verfahrens noch die Grundgebühr abrechnen darf, da der entpflichtete Kollege diese geltend machen kann, was bislang nicht geschehen ist.

Es handelt sich bei dem Verfahren um ein lang angelegtes Umfangsverfahren mit zahllosen Terminen hier in D1. Der entpflichtete Kollege kam aus D2. und war in der Lage, erhebliche Fahrtkosten abzurechnen. Da ich aus D1. komme wird das Verfahren zukünftig nicht mit den Fahrtkosten des Kollegen aus D2. belastet werden. Dies bedeutet, dass das Verfahren bezogen auf die Fahrtkosten auf jeden Fall für den Staat nunmehr kostengünstiger verlaufen wird. Diese Einsparung führt dazu, dass dem Staat keine Mehrkosten entstehen werden, selbst wenn ich die Verfahrensgebühr und die Grundgebühr abrechnen würde.

Kurzum: Kann ich die Grund- und Verfahrensgebühr trotzdem abrechnen?”

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich die ersparten Fahrtkosten gegen Grund-/Verfahrensgebühr gegenrechnen?

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Am vergangenen Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich die ersparten Fahrtkosten gegen Grund-/Verfahrensgebühr gegenrechnen?. Und die Antwort, die ich dem Kollegen gegeben habe, habe ich gesucht, aber nicht mehr gefunden.

Zu der Frage anzumerken ist aber folgendes: Es handelt sich nicht um den typischen Mehrkosten-Fall, bei dem Fahrtkosten eine Rolle spielen. Da geht es nämlich immer um den neuen Rechtsanwalt, der nicht ortsansässig ist und für dessen Anreise Mehrkosten/Fahrtkosten anfallen. Frage ist dann, ob die geltend gemacht werden können. Dazu verhält sich z.B. der den LG Osnabrück, Beschl. v. 20.01.2017 – 6 Ks – 720 Js 38063/16 – 10/16, über den ich ja auch schon berichtet habe.

Hier haben wir es aber mit einer “Aufrechnungsproblematik” zu tun. Nämlich: “Ersparte Fahrtkosten für den früheren Pflichtverteidiger” gegen “Grund- und Verfahrensgebühr”. Also die Frage: Gesamtsaldierung von Gebühren und Auslagen? Was der Umbeiordnungsbeschluss mit “keine Mehrkosten entstehen” meint, liegt m.E. auf der Hand: Keine zusätzlichen Gebühren, also nicht noch einmal die Grund- und Verfahrensgebühr. Die Gesamtsaldierung ist damit m.E. nicht gemeint, obwohl – das räume ich ein – die Formulierung nicht ganz eindeutig ist. Ich meine, dass ich dem Kollegen das in dem Sinne geschrieben habe und – getreu dem Satz: Nur ein Versuch macht klug, geraten haben,  es im Vergütungsfestsetzungsverfahren “zu versuchen”.

Und: Ein weiterer Ansatz wäre, die Zulässigkeit der “Mehrkostenklausel” anzugreifen. Denn die ist ja nach der Rechtsprechung nicht in jedem Fall erlaubt. Ob das allerdings Erfolge haben könnte, lässt sich nach dem Sachverhalt nicht beurteilen.

Wird eine höhere als die RVG-Vergütung erstattet, oder: Nein, sagt der BGH

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Heute ist Karfreitag, also Feiertag. Aber der ein oder andere Kollege wird vielleicht doch (auch) arbeiten. Daher fahre ih hier das ganz normale Programm, also, da Freitag ist, gebührenrechtliche Entscheidungen.

Und ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2018 – VII ZB 60/17, der seit einigen Tagen auf der Homepage des BGH veröffentlicht ist. Entschieden hat der BGH über die Frage der Erstattung einer in einer Vergütungsvereinbarung vereinbarten höheren Vergütung als die sog. gesetzliche Vergütung. Ergangen ist die Entscheidung nach einem Zivilrechtsstreit, in dem die Beklagten von der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3,2 Mio € nebst Zinsen in Anspruch genommen worden waren. Die Klage ist abgewiesen worden. In dem rechtskräftig gewordenen Urteil das das LG der Klägerin die Kosten auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die Beklagten dann Kosten i.H.v. 4.819 € für eine Anschlussdeckung der Beklagtenvertreter bezüglich deren Vermögensschadenshaftpflichtversicherung geltend gemacht. Hintergrund dafür ist/war: Die Beklagtenvertreter hatten einen “Versicherungsstammvertrag mit einer Deckungssumme in Höhe von 2 Mio. EUR abgeschlossen. Aufgrund des hohen Streitwerts hatten die Beklagtenvertreter mit den Beklagten vereinbart, dass vorsorglich eine Einzelfallabsicherung über weitere 1,5 Mio. EUR abgeschlossen wird und dass die hierauf entfallende Prämie Bestandteil der geschuldeten Vergütung sein sollte. Diese Kosten sind weder vom LG noch vom OLG festgesetzt worden. Die Beklagten hatten mit ihre Antrag dann schließlich auch beim BGH keinen Erfolg. Aus der Begründung:

“Hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehen die Rechtsprechung und die Literatur fast einhellig davon aus, dass als erstattungsfähige “gesetzliche Gebühren und Auslagen” lediglich die Regelsätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt übersteigendes Honorar (BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 56; offengelassen von BGH, Beschluss vom 13. November 2014 – VII ZB 46/12, NJW 2015, 633 Rn. 18 f. mit Nachweisen des Streitstands; vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 49) und dass die unterliegende Partei Mehrkosten aufgrund eines vereinbarten Honorars auch nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2004 – VI ZB 22/04, NJW-RR 2005, 499, juris Rn. 8; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 85 Rn. 14; BVerfGE 118, 1, 18 f., juris Rn. 75 ff., zur Anbindung der Erstattungspflicht an die gesetzliche Vergütung; Hau, JZ 2011, 1047, 1050; a.M. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 3a Rn. 75)….”

Der BGH argumentiert dann “historisch” mit “der Gebührenordnung für Rechtsanwälte in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 162, 170″ und mit der Ergänzung des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Einfügung des Wortes “gesetzlichen” im Jahr 1957.  Danach – so der BGH – sollte es dabei bleiben, dass die unterliegende Partei bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, keine prozessuale Kostenerstattungspflicht trifft. Und dann:

“Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hiervon abrücken wollte, als im Jahr 2004 das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz an die Stelle der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte getreten ist (vgl. Hau, JZ 2011, 1047, 1050). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Jahr 2008 in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten Vorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG. Danach hat eine Vereinbarung über die Vergütung einen Hinweis unter anderem darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht insoweit davon aus, dass die rechtsuchende Person die vereinbarte Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, grundsätzlich selbst tragen muss (vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10). Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der bloßen Statuierung einer Hinweispflicht in § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG die Regeln der prozessualen Kostenerstattung gemäß § 91 ZPO abändern wollte. Der Hinweis darauf, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung “regelmäßig” nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss, ist auch dann sinnvoll, wenn die unterliegende gegnerische Partei keine prozessuale Kostenerstattungspflicht bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, trifft. Denn nach der Rechtsprechung kann derjenige, der sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, in bestimmten Fällen materiellrechtlich verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer anwaltlichen Honorarvereinbarung zu erstatten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 58; Urteil vom 23. Oktober 2003 – III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697, juris Rn. 49; Urteil vom 14. Mai 1962 – III ZR 39/61, LM § 839 (D) BGB Nr. 18 Bl. 2, juris Rn. 11).”

Eine auch für Verteidiger “unschöne” Entscheidung. Denn sie schreibt letztlich – auch die im Strafrecht – h.M. fest, wonach eine die gesetzliche Vergütung übersteigende vereinbarte Vergütung nicht erstattungsfähig ist. Hoffnung, dass sich das mal ändert, kann man m.E. jetzt kaum noch haben.

Vermögensabschöpfung nach neuem Recht, oder: Schönes Osterei

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Nach der nicht so schönen Entscheidung des BGH nun ein erfreulicher Beschluss, nämlich der LG Berlin, Beschl. v. 26.03.2018 – 537 Qs 26/18, den mir der Kollege M. Greisner aus Berlin geschickt hat. Es geht noch einmal um das Entstehen der Nr. 4142 VV RVG in der Fällen der Einziehung nach neuem Recht. Da gibt es ja schon den LG Berlin, Beschl. v. 16.01.2018 – 501 Qs 127/17 und dazu: Achtung! Hier die erste Gebührenentscheidung zur (neuen) Einziehung nach neuem Recht….. Der in dem Beschluss geäußerten Ansicht schließt sich das LG Berlin nun an, also nichts Neues, aber erferulich:

“Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes Nr. 4142 VV RVG liegen vor. Danach entsteht die Gebühr u. a. für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf eine Einziehung bezieht. Das ist hier der Fall. Der Verteidiger hat den Angeklagten in der Hauptverhandlung in vollem Umfang vertreten und ist daher auch hinsichtlich der vom Amtsgericht angeordneten Einziehung des Wertes des Erlangten nach §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB n. F. tätig geworden.

Es kann dahinstehen, ob die Einziehung des Wertersatzes hier den Charakter eines strafrechtlichen Schadenersatzes hat, wie das Amtsgericht meint. Dies steht einer Anwendung der hier in Rede stehenden Gebührenvorschrift jedenfalls nicht entgegen. Dem Wortlaut der Nr. 4142 VV RVG ist eine entsprechende Einschränkung nicht zu entnehmen. Der Sinn und Zweck der Neuregelung der Opferentschädigung im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, das zum 1. Juli 2017 in Kraft getreten ist, spricht ebenfalls dafür, Schadensersatzansprüche bei der Anwendung der Gebührenvorschrift außer Betracht zu lassen. Infolge der Streichung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB kann der Tatertrag oder ein dessen Wert entsprechender Geldbetrag nunmehr auch dann abgeschöpft werden, wenn Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten im Raum stehen (vgl. BT Drucksache 18/9525 S. 49). Danach wird ein Verteidiger mit Fragen der Einziehung unabhängig davon befasst, ob Ansprüche von Tatgeschädigten in Betracht kommen, so dass es nur folgerichtig ist, diese Ansprüche bei der Anwendung der Gebührenvorschrift außen vor zu lassen.

Soweit vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung die Auffassung vertreten wurde, die Gebührenvorschrift der Nr. 4142 VV RVG sei nicht anwendbar bei Wertersatz, wenn er den Charakter eines zivilrechtlichen Schadensersatzes habe (vgl. Gerold/ Schmidt/Burhoff, RVG, 23. Aufl. 2017, VV 4142, Rn. 8; LG Saarbrücken, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 2 Qs 18/1 1 -, Rn. 7, juris•, a. A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. April 2014 – 1 Ws 212/13 – Rn. 11), dürfte dies angesichts der Gesetzesänderung überholt sein. Diese Auffassung beruhte im Wesentlichen auf der nach alter Rechtslage vorzunehmenden Unterscheidung zwischen Einziehung und Verfall, die sich infolge der unterschiedslosen Bezeichnung der Anordnungen gemäß §§ 73 ff. StGB n. F. als „Einziehung” erledigt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 16. Januar 2018 — 501 Qs 127/17 —, Rn. 7, juris, mit zustimmender Anmerkung von Burhoff unter http://blog.burhoff.de/2018/01 /achtung-hier-die-erstegebuehrenentscheidung-zur-neuen-einziehung-nach-neuem-recht/).”

Wie gesagt: Nichts Neues, aber schönes Ostereier. Und: Eine h.M. zeichnet sich ab, zumindest in Berlin…..


Ich habe da mal eine Frage: Erhöhte RA-Gebühren wegen langer Verfahrensdauer?

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Und zum Abschluss dann das Gebührenrätsel, also ein wenig etwas zum Nachdenken über die Osterfeiertage. Ist nichts Dolles. Die Frage stammt übrigens aus dem Rechtspflegerforum, wo ich mich gelegentlich ja auch blicken lassen und aus dem ich dann gnaz gern auch mal die ein oder andere “Frage an mich ziehe” 🙂 . Hier also dann:

Hallo zusammen,

ich habe hier in einer OWi-Sache einen Festsetzungsantrag des RA. Die Verfahrens-und Einigungsgebühr beantragt er in Höhe von je 290,00 EUR mit der Begründung der immensen Länge des Verfahrens und den damit verbundenen Rückfragen.
Bußgeldbescheid ist von Jan. 2015: Geldbuße 90,00 € und 1 Punkt”.

Na, vielleicht findet ja einer über Ostern das Ei 🙂 .

“Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie”, oder: Zwar strafloser Punktehandel, aber lieber doch nicht

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Es ist zwar Ostermontag und damit Feiertag, aber: Ich mache hier mal ganz normal weiter. Feiern war gestern, heute ist schon mal ein wenig warm laufen für den morgigen normalen Arbeitstag. Und da passt das OLG Stuttgart, Urt. v. 20.02.2018 –  4 Rv 25 Ss 982/17 – ganz gut. Passt auch ganz gut zu Ostern. Denn nach dem dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt, war auch jemand auf der Suche 🙂 .

Das Urteil reiht sich ein in die Reihe einiger Entscheidungen, die wir in der letzten Zeit aus Stuttgart zur falschen Verdächtigung hatten und über die ich hier auch berichtet habe. Das war der OLG Stuttgart, Beschl. v. 07.04.2017 – 1 Ws 42/17, (vgl. dazu “Sag doch, der war es”, oder: Anstiftung zur (falschen) Selbstbezichtigung – strafbar?, die Beschwerdeentscheidung zum LG Heilbronn, Beschl. v. 09.03.2017 – 8 KLs 24 Js 28058/15 (vgl. dazu Was Fachanwälte manchmal so alles machen, oder: Straflose Anstiftung zur (falschen) Selbstbezichtigung?) und das war das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15 (dazu: Strafverteidiger aufgepasst, oder: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen).  In allen Entscheidungen geht es um die falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) durch falsche Einlassungenund/oder Selbstbezichtigungen im Bußgeldverfahren. Dazu gibt es dann den Streit zwischen den Senaten des OLG Stuttgart: Der 1. Strafsenat kommt zur Straflosigkeit, der 2. Strafsenat kommt hingegen zur Strafbarkeit. Und jetzt dann der 4. Strafsenat, der (ebenfalls) zur Straflosigkeit kommt bei etwa folgendem Sachverhalt:

Dem Angeklagten wurde im Bußgeldverfahren eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt, für die an sich eine Geldbuße von 480 € und ein Fahrverbot von einem Monat fällig gewesen wäre. Die Ordnungsbehörde schickt dem Angeklagten einen Anhörungsbogen. Der möchte, was man ja grundsätzlich verstehen kann, nicht wegen der Ordnungswidrigkeit belangt werden. Er recherchiert ein wenig und findet dann eine Internetseite, auf der geworben wird: „Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie“. Mit der dahinter stehenden person, die im Verfahren unbekannt geblieben ist, trifft der Angeklagte eine Absprache. In deren “Erfüllung” lässt der Angeklagte der Person per E-Mail das Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde zukommen und überweist im Gegenzug 1.000 € auf ein Schweizer Bankkonto. Jemand anders als der Angeklagte füllt dann den Anhörungsbogen handschriftlich aus, gibt den Verstoß zu und erklärt, er sei der zur Tatzeit verantwortliche Fahrer, wobei ein Namen einer tatsächlich nicht existierenden Person unter einer Karlsruher Adresse angegeben wird. Und: Die Verwaltungsbehörde erlässt gegen diesen “Niemand” einen Bußgeldbescheid und stellte zugleich das Verfahren gegen den Angeklagten ein. Bis die Verwaltungsbehörde dann erfährt, dass es einen Betroffenen mit den angegebenen Personalien tatsächlich nicht gibt, istbereits Verfolgungsverjährung hinsichtlich der vom Angeklagten begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit eingetreten.

Das AG Reutlingen hatte den Angeklagten wegen falscher Verdächtigung gem. § 164 Abs. 2 StGB verurteilt, das LG hat ihn frei gesprochen. Und das OLG hat diesen Freispruch bestätigt. Begründung: „Ein anderer“ i.S. des § 164 Abs. 2 StGB muss eine tatsächlich existierende Person sein. Eine fiktive Person ist kein “anderer” im Sinne des § 164 StGB.

Und: Nach Auffassusng des OLG auch keine Strafbarkeit wegen:

  1. Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB
  2. Beteiligung an einem Vortäuschen einer Straftat (§ 145d Abs. 2 StGB)
  3. Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB
  4. versuchter mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1, 4, §§ 22, 23 StGB.

Also: Der Angeklagte geht straflos aus. M.E. aber dennoch nicht zur Nachahmung empfohlen.

Was mich nun noch interessiert bzw. interessieren würde. Warum kommen alle Entscheidungen – jedenfals, die, die ich aus der letzten Zeit dazu kenne – aus dem Bezirk des OLG Stuttgart?

Lösung zu. Ich habe da mal eine Frage: Erhöhte RA-Gebühren wegen langer Verfahrensdauer?

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Und dann erledigen wir am Ostermontag gleich auch noch die Frage vom vergangenen (Kar)Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Erhöhte RA-Gebühren wegen langer Verfahrensdauer?, auch , um morgen ohne “Rückstände” in die Arbeitswoche starten zu können.

Also: Ich habe auch die Frage im Forum nicht geantwortet. Das hatten schon andere Forumsmitglieder vor mir getan. Und man muss ja nicht überall “seinen Senf dazu tun.”

Hier dann aber folgende Anmerkungen:

Ich “stoße” micht ein wenig am Begriff “Einigungsgebühr”, denn die gibt es im Bußgeld- oder Strafverfahren nicht. Gemeint ist mit dem Begriff aber sicherlich die Nr. 5115 VV RVG, also die zusätzliche Verfahrensgebühr für den Rechtsanwalt, wenn er an der Vermeidung der Hauptverhandlung mitgewirkt hat. Genannt wird die Gebühr häufig auch “Befriedungsgebühr”, aber “Einigungsgebühr” ist unüblich und assoziiert auch einen Bezug zu der Nr. 1007 VV RVG, der aber nicht da ist.

Bei der Gebühr muss man sich wegen der Höhe keine Gedanken machen. Denn die Gebühr ist nach zutreffender h.M. eine Festgebühr, die immer in Höhe der Rahmenmitte, also der Mittelgebühr, entsteht. Es gibt zwar auch ein paar andere Stimme in der Rechtsprechung, aber die liegen neben der Sache.

Im Übrigen kommt es wegen der Höhe der erwähnten Verfahrensgebühr natürlich auf die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG an. Da ist aber die “lange Verfahrensdauer” kein eigenes Kriterium, das bei der Bemessung der angemessenen Gebühr im vorgegebenen Rahmen heranzuziehen wäre. Aber: Die Verfahrensdauer hat natürlich Auswirkungen auf den Umfang der erbrachten Tätigkeiten und ggf. auch auf die Schwierigkeit des Verfahrens. Denn häufige Anfragen/Rückfragen, immer wieder erforderliches Einarbeiten usw. erhöhten den Arbeitsumfang und sind daher beim “Umfang” zu berücksichtigen. Und die lange Dauer des Verfahrens kann das Verfahren bzw. die Tätigkeit auch “schwierig(er)” machen und damit Einfluss auf die Höhe der Verfahrensgebühr habe.

Zu allem muss man als Rechtsanwalt natürlich vortragen………

Pauschgebühr beim Schwurgericht, oder: “Nicht unzumutbar” oder was?

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Seit längerem heute mal wieder eine Entscheidung zur Pauschgebühr nach § 51 RVG, und zwar der OLG Hamburg, Beschl. v. 20.03.2018 – 5 S AR 7/18. Ergangen ist er in einem Schwurgerichtsverfahren, das beim LG Hamburg anhängig war. Nach Abschluss des Verfahrens hatte die Verteidigerin eine Pauschgebühr beantragt. Sie hatte das – ich kenne den Antrag nicht – u.a. wohl mit den 117 Hauptverhandlungstagen und dem erheblichen Vorbereitungsaufwand und Aufwand während der Zeit der Hauptverhandlung. Das OLG lehnt natürlich ab.

Wir lesen das, was wir immer in diesen Fällen lesen, nämlich den Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG und das Sonderopfer usw. Und weiter:

“Gemessen an diesen Grundsätzen war die durch § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG in den Blick genommene besondere Fallkonstellation in vorliegendem Fall zur Überzeugung des Senats nicht gegeben.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Gesetzgeber den Gebührenrahmen für Schwurgerichtssachen gegenüber anderen landgerichtlichen Strafverfahren erheblich höher angesetzt hat und damit dem Umfang und der Schwierigkeit dieser Verfahren bereits bei den Regelgebühren in erheblichem Umfang Rechnung getragen hat. So beträgt die Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in den allgemeinen Strafsachen vor dem Landgericht, in denen sich der Mandant in Haft befindet, gemäß Nr. 4115 des Vergütungsverzeichnis (VV) 312,- €, bei Schwurgerichtssachen gemäß Nr. 4121 VV 517,- €. Dauert der Verhandlungstag länger als 5 Stunden, beträgt die zusätzliche Gebühr statt 128,- € (Nr. 4116 VV) 212,- € (Nr. 4122 W).

Es ist zwar nicht zu verkennen, dass das vorliegende Verfahren, auch an den besonderen Maßstäben für Schwurgerichtssachen gemessen, sicher umfangreich und angesichts der Problematik um die Würdigung einer Zeugin vom Hörensagen und der Einführung fremdsprachiger TKÜ in tatsächlicher Hinsicht nicht einfach war. Der Tatvorwurf an sich war allerdings sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht überschaubar.

Soweit die Antragstellerin in Ergänzung ihres Antrags einen erheblichen Vorbereitungsaufwand und Aufwand während der Zeit der Hauptverhandlung vorträgt, ist zu bedenken, dass dieser Aufwand durch die Anzahl der Hauptverhandlungstage, durch die die Regelvergütung maßgeblich bestimmt wird, wieder relativiert wird. Gemessen an 114 Hauptverhandlungstagen ist dieser Aufwand relativ gering. Entsprechendes gilt für die Vernehmung von lediglich 70 Zeugen und 5 Sachverständigen bezogen auf 117 Hauptverhandlungstage. Außerdem wurde hier von der Verteidigung der drei Angeklagten offenbar eine einheitliche Verteidigungslinie geführt, was die Möglichkeit der Arbeitsteilung eröffnete. Das zahlreiche wechselseitige Anschließen an die Anträge der jeweils anderen Verteidiger verdeutlicht diese Arbeitsweise. Die von der Antragstellerin als besondere Belastung geltend gemachten Besprechungen mit den anderen Verteidigern ist vor diesem Hintergrund eher als Mittel der Arbeitserleichterung relevant.

Angesichts des überschaubaren Tatvorwurfs konzentrierte sich die weit überwiegende Zahl der Anträge der Antragstellerin auf Indiztatsachen zur Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sowie Fragen der Richtigkeit der Übersetzungen fremdsprachiger Telefongespräche.

Der Senat verkennt den Arbeitsaufwand, der mit diesen Anträgen verbunden war, nicht. Gleichwohl vermag dieser Einsatz nicht zu erklären, dass sich die Dauer der Hauptverhandlung über 2 Jahre erstreckte und 117 Verhandlungstage in Anspruch nahm. Die Durchsicht des Protokolls ergibt, dass ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung durch Auseinandersetzungen zu Beanstandungen, Würdigungen von Verhaltensweisen von Verfahrensbeteiligten, Fragen der Protokollierung von Äußerungen, insbesondere im Hinblick auf § 183 GVG, Diskussionen zur Protokollierung von Pausen, Auseinandersetzungen um die Reihenfolge bei der Ausübung des Fragerechts und ähnliches geprägt war.

Exemplarisch und zur Verdeutlichung sei hier eine Passage aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 27. August 2015 wiedergegeben:……

Bei den skizzierten Auseinandersetzungen handelt es sich um solche, die einen erheblichen Teil der Hauptverhandlung in Anspruch nahmen, ihrer Natur nach aber keinen großen Vorbereitungs- und Nachbearbeitungsaufwand bei den Verfahrensbeteiligten erforderten. Vielmehr konnte hier spontan aus der jeweiligen Hauptverhandlungssituation heraus agiert werden. Es dürfte auf der Hand liegen, dass es sich dabei nicht um Problematiken handelt, die einen besonderen Umfang oder eine besondere Schwierigkeit gemäß § 51 RVG für die Antragstellerin begründeten. Die Verhandlungsführung wird in diesen Situationen für die Vorsitzende sicher besonders schwer gewesen sein. Diese Erschwernis lässt sich aber nicht in gleicher Weise auf die Verfahrensbeteiligten übertragen.

Die Belastung durch eine lang dauernde Hauptverhandlung wird auch wesentlich durch die Verhandlungsdichte bestimmt. Es liegt auf der Hand, dass das übliche Geschäft eines Rechtsanwalts im stärkeren Maße bei hoher Verhandlungsdichte im Rahmen einer Pflichtverteidigung leidet. Hier war die Verhandlungsdichte unterdurchschnittlich. Sie betrug auf den Gesamtzeitraum bezogen lediglich 1,1 Tage pro Woche. In diesem Zeitraum gab es auch keine vorübergehend hohe Konzentration der Verhandlungsdichte, die die Aussagekraft dieses Durchschnittswerts relativieren könnte. Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Hauptverhandlungstage lediglich bis zu 3 Stunden dauerte, was den Aufwand zusätzlich relativiert.

Die Antragstellerin hat, wenn auch in geringem Umfang, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich bei Verhinderung vertreten zu lassen. Auch insofern konnte sie ihren eigentlichen beruflichen Verpflichtungen nachgehen.

Nach allem erscheint es dem Senat angesichts der Regelpflichtverteidigergebühren in Höhe von 69.216,- € nicht als unbillig, es bei diesen zu belassen. Von einer Unzumutbarkeit der gesetzlich bestimmten Gebühren kann keine Rede sein.”

Tja, das war es dann. Was bleibt, ist zunächst die Frage: Was verneint das OLG denn nun eiegntlich? War das Verfahren nicht besonders umfangreich/besonders schwierig oder sind die gesetzlichen Gebühren nicht unzumutbar i.S. des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG? Da geht es in dem Beschluss ein wenig durcheinander, zumindest ist das nicht klar zu erkennen. Ich tendiere zu “nicht unzumutbar”. Und dann die Frage: Kann man noch etwas machen? Sicher, kann man. Man kann Verfassungsbeschwerde einlegen. Nur wage ich die Prognose, dass die nichts bringen wird.

Was für mich darüber hinaus noch bleibt, ist ein leicht säuerlicher Beigeschmack. Das OLG legt im Einzelnen mit der “Passage aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 27. August 2015″ das Geschehen in der Hauptverhandlung an dem Tag als Beispiel dafür da, dass es in der Hauptverhandlung wohl immer wieder “hoch her gegangen” ist. Abgesehen davon, dass nicht klar ist, inwieweit die antragstellende Verteidigerin an dem Geschehen “beteiligt war – in der vorgestellten Passage ist sie es kaum – hat das für mich so ein wenig den Beigeschmack der Retourkutsche bzw. könnte das die Stelle sein, an der man sich der Rechtsprechung anschließen will, die “unnötige Anträge”  bei der Gewährung einer Pauschgebühr nicht berücksichtigen will, was man aber dann lieber doch nicht sagt.

Und wer jetzt kommentieren will: Bitte die gesetzlichen Gebühren nicht auf die erbrachten Stunden umrechnen. Das mögen die OLG ja nun gar nicht.

Im Bußgeldverfahren immer die Mittelgebühr, oder: Burhoff sagt das auch

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Die zweite Entscheidung, die ich heute vorstelle, ist dann erfreulicher als der vorhin vorgestellte OLG Hamburg, Beschl. v. 20.03.2018 – 5 S AR 7/18. 

Es geht auch nicht um Pauschgebühr, sondern “nur” um die Höhe der Wahlanwaltsgebühren in einem Bußgeldverfahren. Das Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen  – ist von der Verwaltungsbehörde eingestellt worden. Die Kosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt. Der Verteidiger hat dann in seinem Festsetzungsantrag die bei ihm entstandenen Wahlanwaltsgebühren geltend gemacht. Dabei hat er jeweils die Mittelgebühr angesetzt. Der Bezirksrevisorin war das teilweise zu viel/zu hoch. Die Gebühren sind dann niedriger festgesetzt worden. Das AG gibt dem Verteidiger im AG Plauen, Beschl. v. 22.03.2018 – 7 OWi 440 Js 18243/16 – Recht:

“Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens – und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigen Ermessen.

Bei den infrage stehenden Gebühren macht der Antragsteller stets die Mittelgebühr geltend.

Die Bezirksrevisorin führt unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Landgerichts Zwickau vom 07.10.2008 (Az. 2 Qs 308/08) und vom 13.10.2008 (k. 2 Qs 321/07) aus, dass sich in einfach gelagerten Fällen der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts im unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens bewegt.

Abweichungen davon sind im Einzelfall denkbar, werden im vorliegenden Fall jedoch nicht gesehen.

Der Antragsteller hingegen bezieht sich auf eine Entscheidung des LG Chemnitz vom 09.06.2016 (Az. 2 Qs 76/16). Der dort verhandelte Fall (80,00 EUR Geldbuße, 1 Punkt im Verkehrszentralregister) ist mit dem hier vorliegenden Fall vergleichbar. Das Landgericht Chemnitz sieht grundsätzlich in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren die Rahmenmittelgebühr als Ausgangspunkt for die Bemessung der Gebühr.

Von diesem Standpunkt ausgehend wird sodann geprüft gebührenerhöhende oder – vermindernde Tatsachen ein Abweichen von der Mittelgebühr rechtfertigen bzw. erforderlich machen.

Das LG hat in seiner Entscheidung einen durchschnittlichen Fall angenommen und im Ergebnis die Mittelgebühr für erstattungsfähig befunden.

Das Gericht schließt sich der Ansicht des Antragstellers an. Diese deckt sich mit der Ansicht, welche größtenteils die Literatur zu diesem Streitpunkt vertritt (m.w.N. Gerold/Schmidt RVG, 22. Auflage 2015, Rn. 20,21 zu Einl. 5 VV; Burhoff RVG, 2. Aufl., 2007, Rn. 39 -41 zu Vorb. 5). Demgemäß sind straßenverkehrsrechtliche Bußgeldsachen gerade nicht pauschal von geringer/unterdurchschnittlicher Bedeutung, sondern können aufgrund der umfangreichen und zum Teil schwierigen, obergerichtlichen Rechtsprechung durchaus als kompliziert angesehen werden (aaO).

Im Ergebnis hält das Gericht im vorliegenden Verfahren die Mittelgebühr der o.g. Gebührentatbeständen der VV-Nr. 5100, 5103, 5109 RVG für angemessen und damit für erstattungsfähig.”

Sehr schön und richtig 🙂 . Und die Begründung: Burhoff sagt das auch, lese ich natürlich besonders gern.

Das einig Unschöne an der Entscheidung: Das AG zitiert unseren RVG-Kommentar in der 2. Aufl., Den gibt es aber inzwischen schon in der 5. Aufl., die man hier bestellen kann (Werbemodus an/aus 🙂 ).

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