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Bußgeldverfahren: Bemessung der Rahmengebühr „…im unteren Drittel…“, oder: Hat das mal eine Kammer durchgerechnet?

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© Alex White - Fotolia.com

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Den LG Zwickau, Beschl. v. 25.11.2015 – 1 Qs 174/15 – hat mir vor einigen Tagen der Kollege, der ihn „erlitten“ hat, übersandt. Ich habe mit dem Posten hier dann bewusst ein wenig gewartet, der erste Ärger über den Beschluss sollte verraucht sein. Aber es ist mal wieder eine Entscheidung, die mich ärgerlich macht. Es geht um die Gebührenbemessung im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren. Dazu führt das LG dann aus:

„Entgegen der Auffassung im Beschwerdeschriftsatz ist vorliegend nicht grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen. Die Beschwerdekammer hält nach wie vor an ihrer Auffassung fest, wonach sich in Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten dann eine Festsetzung der anwaltlichen Vergütungsansprüche im unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens ergibt, wenn unter strikter Beachtung der Umstände des Einzelfalls und unter Zugrundelegung der Gebührenbemessungskriterien aus § 14 RVG davon auszugehen ist, dass insgesamt eine Angelegenheit von unterdurchschnittlicher Bedeutung vorliegt. So wird in einfach gelagerten Verfahren im Regelfall davon auszugehen sein, dass sich die Gesamtgebührenansprüche des Verteidigers ergeben, die der Höhe nach im unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens angesiedelt sind. So ist es auch hier. Die Akte umfasste zur erstmaligen Akteneinsicht 22 Blatt. Der eigentliche Ermittlungsvorgang ist recht kurz. Nach einer kurzen Einspruchsbegründung (weniger als eine Seite) stellte das Gericht das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG ein. Die Akte bedurfte auch für einen Verteidiger keiner erheblichen Vorbereitungsdauer. Besondere Umstände, die rechtfertigen, hier von der Mittelgebühr auszugehen, sind weder ersichtlich noch vom Beschwerdeführer nachvollziehbar vorgetragen.“

Ja, richtig gelesen. „…der Höhe nach im unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens angesiedelt“. Wenn man das liest, fragt man sich, ob eigentlich mal ein Kammermitglied, das an einer solchen Entscheidung beteiligt war, durchgerechnet hat, was die Kammer dem Verteidiger mit einer solchen Entscheidung zumutet. Hier dürften eine Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG, eine Verfahrensgebühr Nr. 5101 VV RVG, eine Verfahrensgebühr Nr. 5107 VV RVG und ggf. eine Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG entstanden sein. Geht man davon aus, dass man sich – was sich aus dem Beschluss leider nicht ergibt – im Bereich einer Geldbuße bis 60 € bewegt und legt man die Rahmen nach dem 2. KostRMoG zugrunde sowie die „Vorgabe“ des LG – „im unteren Drittel“ –, dann dürften sich die Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG auf rund 65 € belaufen, die beiden Verfahrensgebühren Nrn. 5101, 5107 VV RVG auf je rund 40 € und die Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG – wenn sie entstanden ist – auf 65 €. Insgesamt sind das 210 €. 210 €, die dem Verteidiger aber ja nicht für sich verbleiben, sondern von denen er ja noch seinen „Betrieb unterhalten“ muss und den dann verbleibenden Rest dann noch versteuern darf. „Übrig“ bleiben dann für ihn etwa 50 – 60 €. Ja, und das für eine Besprechung mit dem Mandanten, Aktenanforderung, Akteneinsicht und Stellungnahme. Für den sich daraus ergebenden Stundensatz wird ein Fliesenleger kaum noch arbeiten wollen, und Richter tun es wohl auch nicht. Vielleicht sollte man das mal im Auge behalten, wenn man solche Beschlüsse erlässt.

Und m.E. ist der Beschluss auch darüber hinaus noch falsch, zumindest aber missverständlich. Denn das LG geht bei seinen Berechnungen/Ausführungen von der falschen Berechnungsgrundlage aus. Auszugehen ist nämlich – auch im Bußgeldverfahren – von der sog. Mittelgebühr. Diese ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls dann ggf. angemessen zu erhöhen oder zu ermäßigen. Die Kammer behauptet, das auch zu tun, tut es m.E. so aber nicht. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass sie davon ausgeht, dass straßenverkehrsrechtliche Bußgeldverfahren immer von unterdurchschnittlicher Bedeutung sind und „im Regelfall davon auszugehen sein [soll], dass sich die Gesamtgebührenansprüche des Verteidigers ergeben, die der Höhe nach im unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens angesiedelt sind“. Damit wird also nicht von der Mittelgebühr ausgegangen, sondern vom „unteren Drittel“,


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